«Kann das Wirtschaftswachstum immer weiter gehen?»
Murgenthal Prof. Dr. Mathias Binswanger bei der Oberst Künzli Gesellschaft
Die aktuell veränderliche Welt motivierte die Oberst Künzli Gesellschaft (OKG), dieses Jahr verstärkt zu thematisieren, dass eine starke Wirtschaft, die allen zugutekommt, eine entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche gesellschaftliche Entwicklung ist. Eine intakte Wirtschaft hilft Forderungen realisieren und finanzieren. Aus Sicht des Ökonomen referierte und diskutierte unter dem Titel «Kann das Wirtschaftswachstum immer weiter gehen?» Prof. Dr. Mathias Binswanger, Professor für Volkswirtschaftslehre an der FHNW. Er meinte, Wachstum ist natürlich. Das Wirtschaftswachstum startete erst recht im 19. Jahrhundert mit der Industrialisierung und dem Einsatz von Energie. Eine wachsende Wirtschaft wird als «gesunde» Wirtschaft erachtet. Ohne Wachstum entsteht eine Negativ-Spirale, eine Krise. Es fehlt Arbeit, Geld, die Wirtschaft funktioniert nicht mehr. Die Wirkung zeigte er am Beispiel Griechenland, welches nach der Finanzkriese über Jahre ohne Wachstum auskommen musste. Das Ergebnis war 30% Arbeitslosigkeit und 1/3 der Geschäfte im Konkurs. Verzicht bedeutet, dass der zu verteilende «Kuchen kleiner» wird, was politisch heikel werden kann. Der «Kuchen wird auch kleiner», wenn weniger gearbeitet wird, es sei denn, man kompensiert mit Zuwanderung. Die Zuwanderung ist in der Schweiz denn auch ein wesentlicher Teil beim Wachstum. Als starker Wachstumstreiber zeigt sich bei uns das Gesundheitswesen, gefördert durch einen fehlenden Markt und den Wissensvorteil der Anbieter. Der Wettbewerb fördert qualitatives Wachstum. Nur kann Wachstum auch Kollateralschäden verursachen. Damit beschäftigte sich bereits 1972 der «club of rome» mit den «Grenzen des Wachstums», dessen Annahmen teilweise zu negativ waren. Wachstumsgrenzen sehen kann niemand. Aktuell wird versucht, die Umweltbelastung durch Entkoppelung von Wachstum und Treibhausgasen zu reduzieren. Das gelingt schrittweise innerhalb des Landes, weniger beim Import (graue Treibgase). Wir bemühen uns im Inland den CO2-Ausstoss zu reduzieren und kaufen dafür mehr Produkte aus dem Ausland, die seinerseits mit CO2 belastet sind. Klar sei, dass das CO2-Ziel 2050 nicht erreichbar sei, keiner getraue sich aber diese Aussage. Die ganzen Berechnungen basieren auf Annahmen und verändern sich. Massnahmen für sauberes Wasser, saubere Luft und gesunden Boden sind absolut wichtig. Eine zu einseitige und zu schnelle Ausrichtung der Wirtschaft auf CO2 riskiere aber neue Kollateralschäden. Der Abend bot genug Stoff für weitere Diskussionen.