Zum Jubiläum ein Sportfest voller Herzlichkeit und Freude
Zofingen 50 Jahre Behindertensport in der Region Zofingen
Ein hellgraues «Käppi» auf dem Kopf, unter dem zwei freundlich leuchtende Augen hervorblicken. Das Augenpaar gehört zu Herbert Meier, der seit 1973 in der Strengelbacher Stiftung azb zu Hause ist. Meier ist seit seiner Geburt auf einen Rollstuhl angewiesen. Das hindert ihn aber nicht daran, sich regelmässig sportlich zu betätigen. «Ich möchte so lange wie möglich beweglich bleiben», sagt der 69-jährige, der auch nach seiner Pensionierung am Mittwoch und am Freitag «ein wenig im azb arbeitet», wie er selber sagt. Und jeden Montag das PluSport-Angebot «Aktiv & Fit» besucht. «Ein Angebot für Menschen im Rollstuhl, bei dem es darum geht, Beweglichkeit und Kraft zu erhalten», erklärt Ursula Winter, eines der Urgesteine von PluSport Zofingen – über Jahrzehnte engagiert als Sportleiterin Schwimmen, technische Leiterin und Präsidentin. 50 Minuten dauert jede Lektion. «Das geht, manchmal besser, manchmal weniger», schmunzelt Herbert Meier. «Ab und zu lege ich halt eine Kunstpause ein», sagt er mit seinem feinen Humor, «gelegentlich setzt es auch einen Kommentar an die Leiterin ab».
Vor 50 Jahren gegründet
Die ersten Bemühungen für den Behindertensport in der Schweiz lassen sich in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zurückverfolgen. In den 1950-er-Jahren begann man vor allem in Rehabilitationszentren, Sportarten wie Schwimmen, Leichtathletik oder Tischtennis als Mittel zur körperlichen Rehabilitation für Menschen mit Handicap anzubieten. Ein Meilenstein war 1956 die Gründung des «Schweizerischen Invaliden-Sportverbands» (SIS), der später in PluSport umbenannt wurde. Er organisierte erste sportliche Veranstaltungen für Menschen mit Beeinträchtigung.
Angeregt von zwei Ehepaaren, Barbara und Thomas Heldstab (Zofingen) sowie Gabi und Werner Widmer (Strengelbach) kamen die Bemühungen um Behindertensport Ende 1973 auch in der Region in Gang. Ein «Gründungskomitee Invalidensportgruppe Region Zofingen» bildete sich. «Werner Widmer war in der Anfangszeit der Motor für die Etablierung des Behindertensports in der Region», betont Ursula Winter. Werner Widmer und Thomas Heldstab waren es auch, die im azb am 18. Februar 1974 eine erste Turnstunde durchführten, die unter anderem von Herbert Meier besucht wurde. «Herbert ist eines von vier noch aktiven Gründungsmitgliedern», weiss Ursula Winter. Bereits am 11. März 1974 konnte Werner Widmer die Gründungsversammlung im Restaurant Schlössli in Strengelbach eröffnen. An der Versammlung wurde der erste Vorstand mit Präsident Kurt Plüss (Riken), Margrit Nalmoos (Strengelbach), Maria Oberer (azb), Barbara Heldstab (Zofingen) und Werner Widmer (Strengelbach) gewählt. 21 Aktivmitglieder wurden in den Verein aufgenommen, als Haupt-Turnleiterin wurde Barbara Heldstab bestimmt, als Hilfsleitende Thomas Heldstab, Gabi Widmer und Hedwig Zogg, wie das Zofinger Tagblatt im März 1974 vermelden konnte.
PluSport Zofingen ist konstant gewachsen
In ihrem Rückblick auf die ersten zehn Jahre konnte die damalige Präsidentin Vreni Rüegger viel Erfreuliches berichten. Nahmen im ersten Jahr 16 Aktive regelmässig an den Turnstunden teil, waren es im Folgejahr bereits 34. 1977 beteiligten sich schon 45 Aktive an den Turnstunden, weshalb neu auch in der BZZ-Halle in Zofingen geturnt wurde. «PluSport Zofingen ist in den vergangenen fünfzig Jahren konstant gewachsen», blickt Ursula Winter zufrieden auf die PluSport-Erfolgsgeschichte zurück. Aktuell nehmen rund 140 Sportlerinnen und Sportler in der Region die Möglichkeit wahr, eine regelmässige sportliche Betätigung auszuüben, die ihren Fähigkeiten angepasst ist. Begleitet werden sie dabei von 35 ausgebildeten Behindertensportleitenden und Assistierenden, welche sie in den Trainings mit grosser Fachkompetenz begleiten und betreuen. «Unter den Behindertensportgruppen im Kanton Aargau ist PluSport Zofingen damit eine der grössten», weiss Joena Parkinson, die im März 2024 das Präsidium von PluSport Zofingen von ihrer Vorgängerin Ursula Winter übernommen hat.
Zwölf sportliche Angebote werden momentan durchgeführt. Ob Schwimmen, Leichtathletik, Gymnastik, Fussball, Reiten, Skifahren oder Langlauf – fast alles ist möglich und findet auch regelmässig statt. «Die Herausforderung besteht aktuell darin, die Angebote zu überarbeiten», sagen Ursula Winter und Joena Parkinson. Es werde darüber nachgedacht, wie und in welcher Form beispielsweise Karate, Yoga oder Tanzen ins Angebot von PluSport Zofingen aufgenommen werden könne. Doch das sei momentan noch Zukunftsmusik.
Nicht nur Leistung zählt, es braucht auch Glück und Präzision
Von der Zukunftsmusik zurück in die Gegenwart. Am kommenden Sonntag, 25. August, wird die Thutstadt zum Zentrum des Behindertensports im Aargau. Im Jubiläumsjahr richtet PluSport Zofingen als Organisator die Aargauer Meisterschaft im Polysport aus. «Nach einer bereits abgehaltenen internen Feier für unsere Mitglieder bieten uns die Meisterschaften die Möglichkeit, unser Jubiläum in und mit der Öffentlichkeit zu feiern», betont Joena Parkinson. Sie hofft deshalb, dass möglichst viele Zuschauende den Weg ins BZZ-Areal finden werden.
Der Tag beginnt übrigens mit einem besonderen Highlight. Die acht Sportgruppen mit ihren rund 180 angemeldeten Sportlerinnen und Sportlern werden um 8.45 Uhr gemeinsam auf dem Areal einziehen – musikalisch feierlich begleitet von der Swiss Midland Pipe Band. Ein besonderer Moment der Zusammengehörigkeit! Ebenso denkwürdige Erinnerungen wird auch die Jubiläumsfeier von PluSport Aargau – er wird (erst) 45 Jahre alt – um 15.30 Uhr hinterlassen.
Die Sportlerinnen und Sportler messen sich tagsüber in Einzel- und Gruppenwettkämpfen in elf verschiedenen Disziplinen. Dabei wird nicht nur dem Leistungsprinzip nachgelebt. Es gibt Wettkämpfe, bei denen es auch Glück braucht. So beim «Step Glück», wo die Anzahl Steps mit der gewürfelten Zahl multipliziert wird. Bei anderen Wettkämpfen, die zweimal ausgeführt werden müssen, braucht es hingegen Präzision. Sieger ist, wer den Parcours zweimal mit der möglichst geringen Zeitdifferenz abspult. Doch neben dem Wettkampf an sich werden in erster Linie das gesellige Zusammensein sowie die Freude am Spiel im Vordergrund des Sportfests stehen. Auch für Ursula Winter, die sagt: «Ein Behindertensporttag entschädigt einen für all das, was man das ganze Jahr über für den Behindertensport macht. Es ist so viel Herzlichkeit und Freude drin an Sporttagen». Am Sonntag besteht auf dem BZZ-Areal die Möglichkeit, dies mitzuerleben.