Für viele regionale Imker ein Jahr zum Vergessen
Rothrist Die regionale Honigernte 2024 fiel unterdurchschnittlich aus
«Eigentlich sind wir mit Freude und voller Hoffnung auf ein gutes Honigjahr gestartet», sagt Hans Burkhard. Burkhard, hauptberuflich Betriebsleiter in der Abteilung Kühlschrankrecycling bei der Flückiger AG, ist seit seiner Jugendzeit ein leidenschaftlicher «Bienler». Der 61-Jährige führt in dritter Generation die seit über einem Jahrhundert bestehende, modern eingerichtete Rothrister Wanderimkerei in der Rishalden.
Tiefe Winterverluste
Das Überleben der kalten Wintermonate stellt für die Bienen alljährlich eine grosse Herausforderung dar. Sie benötigen ausreichend Nahrungsvorräte, um ihre Energie halten zu können und müssen zugleich Krankheiten und Parasiten wie die Varroa-Milbe abwehren, welche sie schwächen. «Wir konnten unsere Völker gut durch den Winter bringen», sagt Hans Burkhard, der die eigenen Völkerverluste mit etwa sieben Prozent beziffert. Damit hebt sich Burkhard positiv von den durchschnittlichen Winterverlusten ab, welche die Schweizer Imker erlitten. In der gemeinsam mit Agroscope, dem Zentrum für Bienenforschung, durchgeführten Umfrage ermittelte apisuisse, der Dachverband der rund 18´000 Imkerinnen und Imker in der Schweiz nämlich, dass rund 15 Prozent der Bienenvölker in der Schweiz und in Liechtenstein den Winter nicht überlebt hätten. Die Verlustrate lag damit zwar im Durchschnitt der vergangenen Jahre. In der Nordwestschweiz lag sie mit 16,3 Prozent aber über dem nationalen Durchschnitt.
Nasse und kalte Blütezeit im Frühling
«Relativ wenig Völkerverluste und starke Bienenvölker – das wären gute Voraussetzungen für die Zeit der Frühlingsblüte gewesen», führt der Rothrister Wanderimker aus. Eine Blütezeit, die von der Blüte der ersten Kirschbäume bis zur Rapsblüte etwa sieben Wochen dauert. Eine Zeit auch, die für die Entwicklung der Bienenvölker enorm wichtig ist. «Dieses Jahr sind die Bienen während der Frühlingsblüte wegen des kalten und nassen Wetters kaum ausgeflogen», bedauert Hans Burkhard. Einzige Ausnahme: Etwa fünf Tage der dreiwöchigen Rapsblüte konnten die Bienen nutzen, um Nektar zu sammeln.
Mit der Verlegung an einen höhergelegenen Standort wollte das vierköpfige Team der Rothrister Wanderimkerei seinen Bienen die Sammelzeit für Nektar zu verlängern. «Es war alles vorbereitet, um die Bienen an den vereinbarten Standplatz in Sörenberg zu transportieren», sagt Hans Burkhard. Am Tag vor der «Züglete» zeigte dann ein Blick auf die Webcam an, dass die Wiesen in Sörenberg weiss waren … «So konnten wir uns immerhin den ganzen Transport sparen», meint Hans Burkhard mit Galgenhumor. Fazit: Blütenhonig gibt es bei der Imkerei Burkhard dieses Jahr überhaupt nicht. Auch die Lager sind leer. Frühestens im nächsten Frühling wird er wieder erhältlich sein – falls dann das Wetter wieder einmal mitspielen sollte.
Wenig Waldhonig – und ein zähes Problem
Ende Mai, anfangs Juni konnten die Bienen während rund drei Wochen etwas Waldhonig einbringen. Während Blütenhonig überwiegend aus Blütennektar besteht, sammeln Bienen für den Waldhonig den Honigtau. Honigtau ist eine zuckerhaltige Substanz, die von pflanzensaugenden Insekten, insbesondere Waldläusen ausgeschieden wird. «Der Ertrag war allerdings weit unterdurchschnittlich», betont Hans Burkhard. Beim Waldhonig sei der Ertrag etwa im Rahmen von 25 – 30 Prozent vom dem gelegen, den er in einem guten Jahr einbringen könne.
Nicht anders, oder sogar noch schlimmer tönt es bei Christian Uhlmann. Der 51-jährige Imker aus Glashütten ist ein äusserst erfahrener «Bienler» und als Leiter der Belegstation St. Ueli auch im Vorstand des Wiggertaler Bienenzüchtervereins tätig. Uhlmann verzeichnete dieses Jahr grosse Winterverluste und musste deshalb in erster Linie Jungvölker aufziehen. In Riken, wo er einen Teil seiner Völker stationiert hatte, gab es dieses Jahr überhaupt keinen Honigertrag. «Ich musste die Bienen dort das ganze Jahr hindurch durchfüttern», betont er. In Glashütten hingegen sei durchaus Waldhonig angefallen, führt Uhlmann weiter aus. Dort war Uhlmann aber – und dies im Gegensatz zu Burkhard – mit einem besonders zähen Problem konfrontiert: Melezitosehonig, auch bekannt als Zementhonig. Das ist ein Honig, welcher sehr schnell, innerhalb von drei bis vier Tagen, kristallisiert – und dies schon in den Honigwaben. Ein Problem für die Bienen, welche den Honig schlecht auflösen können. Und ein Problem für den Imker. Normalerweise wird Honig geschleudert und so von der Wabe getrennt. Das ist beim Melezitosehonig nicht möglich. Wieso es dieses Jahr so viel Melezitosehonig gab und wieso das Phänomen regional unterschiedlich stark auftrat, wissen selbst Experten nicht. Christian Uhlmann konnte den Honig immerhin für die Fütterung seiner Jungvölker verwenden. «Erstaunlicherweise konnten sie den Zementhonig sehr gut auflösen», führte er aus.
Viel Aufwand, wenig Ertrag
Mit einem durchschnittlichen Ertrag von rund 16 Kilogramm Honig pro Bienenvolk lag der Ertrag unter dem langjährigen Mittel von etwa 20 Kilogramm, stellte der Dachverband der Schweizer Imkerinnen und Imker als Resultat aus der alljährlichen Umfrage bei seinen Mitgliedern fest. Sowohl der Frühling als auch der Sommer hätten die Imkerinnen und Imker vor grosse Herausforderungen gestellt, hielt apisuisse in seiner Medienmitteilung weiter fest. Dabei hätten sich grosse regionale Unterschiede manifestiert. Insbesondere im Wiggertaler-Gebiet dürften die Widrigkeiten für Imkerinnen und Imker besonders gross gewesen sein. Der Honigertrag fiel bei vielen Imkern deutlich unter dem nationalen Durchschnitt von 16 Kilogramm aus. Er dürfte eher im einstelligen, denn im zweistelligen Bereich ausgefallen sein. Christian Uhlmann spricht sogar «vom schlechtesten Ertrag, seit ich Bienen halte». Und das macht er doch auch schon seit 35 Jahren!
Den Kopf in den Sand stecken, mögen weder Christian Uhlmann noch Hans Burkhard. «Wenn es keinen Honig gibt, gibt es keinen Honig», sagt Hans Burkhard lakonisch. Zuversichtlich stimmt ihn, dass seine Bienenvölker gesund sind. Jetzt gelte es, die Völker gut zu überwintern. «Und wenn im kommenden Jahr das Wetter mitspielen sollte, dann wird es auch wieder einmal richtig ‹hunggen›», meint er.