Murgenthal verliert eine weitere Firma – 141 Arbeitsplätze gehen verloren
Oftringen Nun stehen erneut Baugespanne auf dem Areal an der Industriestrasse
Bereits vor gut einem Jahr markierten Baugespanne auf dem ehemaligen Strabag-Land in Oftringen den Neubau für die Türenfabrik Safenwil AG und die Richard AG aus Murgenthal (das ZT berichtete). Bis am 12. Februar lag das Baugesuch auf. Doch gebaut wurde in der Zwischenzeit nicht.
Nun stehen erneut Baugespanne auf dem Areal an der Industriestrasse in der Nähe der Erzo. Und erneut liegt ein Baugesuch auf. Grund dafür ist eine Projektänderung. Und zwar hat sich eine weitere Firma angeschlossen: die TSE Troller AG aus Murgenthal.
Indutrade übernahm TSE Troller AG
Hintergrund: Die Türenfabrik Safenwil AG gehört bereits zum schwedischen Technologie- und Industriekonzern Indutrade. Dieses Unternehmen entwickelt und erwirbt Firmen, «die sich durch hohe technische Kompetenz und die Fähigkeit auszeichnen, dauerhafte und enge Beziehungen zu Kunden und Lieferanten aufzubauen», wie es im aufliegenden Projektbeschrieb heisst. Während der Bewilligungsphase des Neubaus in Oftringen wurde die TSE Troller AG ebenfalls von Indutrade übernommen. «Aufgrund mangelnder Ausbaumöglichkeiten am Standort Murgenthal wurde beschlossen, die TSE Troller AG auch in den geplanten Neubau in Oftringen zu integrieren», heisst es in der Auflage.
Die TSE Troller AG gehört zu den weltweit führenden Herstellern von Beschichtungsdüsen. Gegründet wurde das frühere Familienunternehmen in den 1960er-Jahren. 2023 wurde es «im Sinne einer Nachfolgelösung» von Indutrade übernommen. Dieser sei es ein Anliegen, dass die TSE Troller AG gesund und nachhaltig wachsen könne, sagt Geschäftsführer Maick Nielsen. Er steht der Murgenthaler Firma seit 2008 als Geschäftsführer vor und musste mit dieser 2009/2010 zuerst die Wirtschaftskrise durchstehen. Kurzarbeit und Entlassungen prägten diese zwei Jahre des KMU, bis es 2011 wieder aufwärts ging.
Auftragslage ermöglicht Wachstum
Von den damals 14 Mitarbeitenden wuchs die TSE Troller AG bis heute auf 35 an. «Die Auftragslage ermöglicht es uns, weiter zu wachsen. Das ist am heutigen Standort aber nicht umsetzbar. Wir haben keinen Platz», sagt Nielsen. Bereits heute sei beispielsweise der Znüniraum viel zu klein. Das Team müsse grüppchenweise Pause machen.
Der Neubau in Oftringen biete bessere und modernere Arbeitsplätze, mehr Platz und eine viel grössere Kantine, «wo wir alle zusammen Zmittag essen können», so Nielsen. Er ist überzeugt: «Das führt zu einem besseren Austausch untereinander.» Dieser sei wichtig, denn von der Grösse her sei die TSE Troller AG noch immer ein Familienunternehmen. «Dieser Teamgeist ist uns sehr wichtig.» Zudem wird den Mitarbeitenden am neuen Ort auch ein Ruheraum zur Verfügung stehen.
Im Neubau erhält die TSE Troller AG eine komplett neue Fertigungsstrasse. Vom Wareneingang bis zum Warenausgang wird sich alles auf einem Geschoss befinden. «Das ist ein massiver Vorteil, den wir uns versprechen», sagt Nielsen. Denn teilweise fertige die Firma grosse Teile von bis zu fünf Metern an. Im heutigen Gebäude in Murgenthal sei es sehr schwierig und heikel, diese Teile zu produzieren. Ein weiterer Vorteil: Im neuen Gebäude werden die Räume klimatisiert und eine Photovoltaikanlage wird Strom liefern. «Nachhaltigkeit ist uns und unseren Kunden wichtig», betont der Geschäftsführer.
Belegschaft nahm Neuigkeit positiv auf
Den Umzug hat die Indutrade gemeinsam mit der TSE Troller AG beschlossen. «Es war uns wichtig, dass der neue Standort in der Nähe von Murgenthal ist», sagt Nielsen. Entsprechend habe die Belegschaft die Neuigkeit, von der sie im letzten Sommer erfahren hat, gut aufgenommen.
Das Baugesuch vom letzten Jahr für den Neubau ist bereits bewilligt. Die Investition beläuft sich gemäss Baugesuch auf 24,9 Millionen Franken. Die Projektänderung mit zusätzlichen Investitionskosten von 4,2 Millionen Franken liegt noch bis 24. Januar auf der Oftringer Gemeindeverwaltung auf.
Die Projektänderung sieht vor, dass die Räumlichkeiten der TSE Troller AG auf der nordwestlichen Seite, anschliessend an die Produktionsfläche der Türenfabrik Safenwil AG, erstellt werden. Das Untergeschoss wird ebenfalls vergrössert. Die Büroräumlichkeiten werden in einem Zwischengeschoss untergebracht. Im ersten Obergeschoss wird die Bürofläche der Türenfabrik um fast sechs Meter verlängert und eine zusätzliche Fluchttreppe erstellt. Die zwei ursprünglich geplanten Wohnungen im zweiten Obergeschoss weichen zugunsten von neuen Gewerbeflächen. Die Parzelle an der Industriestrasse ist bereits vollständig mit Werkleitungen erschlossen.
Läuft alles nach Plan, dürften die drei neuen Firmen ihren Neubau etwa Mitte 2027 beziehen. In naher Zukunft soll die Türenfabrik 70 Personen beschäftigen (heute: 40) und die Richard AG 135 Personen (heute: 106).
Aktive Bodenpolitik
2016 kaufte die Gemeinde das ehemalige Strabag-Land. Damit betrieb sie vorausschauende Bodenpolitik. Denn so konnte sie verhindern, dass sich ein Betrieb ohne hohe Wertschöpfung ansiedelt. Die Oftringer Exekutive hatte die Absicht, dass «wenige noch zur Verfügung stehende Gewerbeland ausschliesslich sehr gut qualifizierten, zukunftsorientierten Unternehmungen mit einer hohen Wertschöpfung und einem geringen Flächenverbrauch pro Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen», wie es in der Botschaft an die Gemeindeversammlung hiess. Und: Die anzusiedelnden Firmen sollten auch bereit sein, ihren Steuersitz nach Oftringen zu verlegen. Entsprechend stimmte die Gemeindeversammlung dem Verkauf des Landes Ende November 2022 zu. Sogar ehemalige Kritiker lobten den Gemeinderat für das Vorgehen. Der Verkaufspreis belief sich auf 8,316 Mio. Franken.