Adrian Schmitter im zt Talk: «Meine Bodenständigkeit kommt mir im Job entgegen»
Der Rothrister Adrian Schmitter gehört zu den erfolgreichsten Spital-Managern der Schweiz. Ende März erhielt er den «Viktor», den Award des Schweizer Gesundheitswesens. Das KSB lag punkto Wirtschaftlichkeit bei den öffentlichen Spitälern in den letzten zehn Jahren immer auf den ersten drei Plätzen.
Der Preis wurde an einer Gala-Veranstaltung in Bern verliehen. Die fünf Nominierten wissen vorher nicht, wer den Award erhält. «Ich rechnete mir keine Chancen aus, als ich die Liste sah», sagt Schmitter. Als alter, weisser Mann liege er nicht gerade im Trend. Deshalb habe er sich besonders gefreut, als sein Name fiel. Er sei ein wertschätzender Chef, der das Spital hervorragend führe, hiess es als Begründung. Würde er sich auch so gute Noten geben? «Ich würde mich nicht getrauen, sie mir selbst zu geben. Aber es ist klar, das sind Streicheleinheiten, die man gerne entgegennimmt. Es bleibt aber dabei: Man kann das nur machen, wenn man von einem tollen Team umgeben ist.».
In seiner Aufgabe komme ihm seine Bodenständigkeit entgegen. «Ich habe ja zuerst eine Berufslehre als Bauer gemacht.» Abgehobenheit wie manchmal bei Leuten, die nur akademisch gebildet sind, liegt ihm deshalb fern.
Zu den grössten Herausforderungen gehörten für jeden Spitaldirektor die Politik und die Administration, sagt der KSB-Chef. «Wir haben einen regulierten Markt, den man 2012 öffnen wollte, um unternehmerische Freiheiten ins Gesundheitswesen zu bringen. Zurzeit befinden wir uns in einer Gegenbewegung. Wir werden sehr stark kontrolliert und administriert, was gewaltige Aufwände mit sich bringt. Meine Leute da draussen, die Patienten betreuen und heilen wollen, haben kein Verständnis dafür, warum sie soviel Aufwand für die Administration betreiben müssen.»
Ein grosser Brocken für ihn ist auch der Neubau, der nächstes Jahr in Betrieb gehen soll. «Wir bauen ein von A bis Z komplett neues Spital. Das ist eine riesige Herausforderung», sagt Schmitter. «Jeder, der ein Einfamilienhaus baut, weiss, wieviel Ärger das gibt. Wir bauen 1500 Einfamilienhäuser, das gibt 1500 Mal mehr Ärger – und es ist erst noch komplexer.»
Wie liesse sich das Kostenwachstum im Gesundheitswesen bremsen? «Ganz sicher nicht dadurch, dass man die Anzahl der Ärztinnen und Ärzte beschränkt.» Das sei völlig falsch. «Die Politik ist einmal mehr rund 15 Jahre im Rückstand. Darüber, dass es zu viele Ärzte gibt, sprach man vor 15 Jahren. Heute fragen wir uns, ob wir überhaupt noch Ärzte bekommen.» Die zurzeit geltende Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte sei «abstrus»: «Der Bundesrat hat damit einen Kostentreiber sondergleichen ausgelöst.» – «Wenn wir wirklich sparen wollen, müssen wir das Angebot überprüfen und den Leistungskatalog anpassen.» Der Leistungskatalog definiert, was über die Grundversicherung abgerechnet werden kann. Einerseits drücke der Bundesrat wegen den Kosten auf die Preise, andererseits sei das gleiche Gremium dafür verantwortlich, dass der Katalog immer mehr ausgebaut worden sei, kritisiert Schmitter. «Im Katalog finden sich heute viele Eingriffe, die da nicht reingehören.» Wenn man diesen einmal richtig durchkämmen und verschlanken würde, liesse sich viel Geld einsparen, ist der KSB-CEO überzeugt. «Wir sollten uns darauf fokussieren, was eine Versicherung eigentlich soll: Sie soll uns vor einem unbezahlbaren Schaden bewahren.»
Zur Person
Adrian Schmitter (1959) ist auf einem Bauernbetrieb in Rothrist aufgewachsen. Er absolvierte ein Ingenieur-Agronom-Studium, anschliessend studierte er an den Universitäten Neuenburg und Freiburg Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Von 2001 bis 2010 war er Generalsekretär im Departement Gesundheit und Soziales (DGS) des Kantons Aargau und war in dieser Funktion massgeblich an der Reorganisation des kantonalen Gesundheitswesens beteiligt. Von 2010 bis 2014 war er Direktor der Regionalspital Emmental AG, im Dezember 2014 wurde er zum CEO der Kantonsspital Baden AG ernannt. Schmitter wohnt mit seiner Frau und drei Töchtern in Rothrist, wo er in den Jahren 2014 bis 2018 im Gemeinderat sass. (pp)