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Die Kirchgemeinde steht vor einer ungewissen Zukunft

Murgenthal Budget der reformierten Kirchgemeinde trotz Defizit genehmigt

Nur wenige Punkte standen auf der Traktandenliste der Kirchgemeindeversammlung der reformierten Kirchgemeinde Murgenthal am Sonntag, 10. November: Die 22 Anwesenden nahmen das Protokoll der vergangenen Sitzung diskussionslos und einstimmig an. Der Kirchenpflegepräsident erläuterte die finanzielle Situation der Kirchgemeinde und präsentierte das Budget 2025 mit einem Aufwandüberschuss von 63´200 Franken. Trotz einschneidender Sparmassnahmen, wie etwa der Reduktion des Gottesdienstangebots, konnten die von der Rechnungsprüfungskommission geforderten Einsparungen von 20 Prozent nicht erreicht werden, da viele Budgetposten durch Kirchenordnung und kantonale Lohnreglemente vorgegeben sind. Nach einer eingehenden Erläuterung durch den Kirchenpflegepräsidenten und der Diskussion weiterer möglicher Sparmassnahmen wurde das Budget einstimmig beschlossen. Da das Defizit strukturelle Ursachen hat, müssen zukünftig auch strukturelle Massnahmen, wie eine Fusion, geprüft werden. Trotz all dieser Massnahmen sind die Kirchgemeindemitglieder bereit sich auf neue Wege einzulassen.

Steuererträge drastisch eingebrochen

Gründe für diese Situation sind einerseits die zunehmenden Kirchenaustritte: Die Austritte in der Kirchgemeinde Murgenthal liegen seit 2015 im kantonalen Durchschnitt und sind – wie der kantonale Durchschnitt – in den letzten drei bis vier Jahren deutlich angestiegen. Neben den Austritten führt andererseits der «demographische Verlust» – durch Wegzug oder Todesfälle – zu sinkenden Mitgliedszahlen. In den letzten Jahren und insbesondere im «Corona-Jahr 2021» war der demographische Verlust besonders ausgeprägt.

Als kleine Kirchgemeinde mit etwa 900 Mitgliedern spürt Murgenthal die finanziellen Auswirkungen rascher und drastischer als andere Kirchgemeinden. Die Entwicklung war für die Kirchenpflege und die Landeskirche vorher kaum vorhersehbar: Von 2015 bis 2021 waren Steuererträge und Eigenkapital einigermassen stabil, die Steuererträge stiegen in den Jahren 2020 und 2021 sogar an. Im Jahr 2022 brachen die Steuererträge erstmals drastisch ein. Das Defizit in der Rechnung wurde aus den Eigenmitteln ausgeglichen. Dadurch wurde in den letzten zwei Jahren das Eigenkapital aufgezehrt. Die Kirchgemeinde verfügt somit über keinerlei Reserven mehr. Da nicht mit einem deutlichen Wiederanstieg der Steuereinnahmen zu rechnen ist, steht die Kirchgemeinde vor einschneidenden Veränderungen.

Massnahmen

An der Kirchgemeindeversammlung war der Wille aller Beteiligten zu spüren, die Zukunft trotz Finanzknappheit gemeinsam zu gestalten. Blumenschmuck für die Kirche wurde bereits im vergangenen Jahr zum Teil aus privaten Gärten gespendet. Die Konfirmationsklasse hat gemeinsam die Fensterläden des Pfarrhauses repariert. Der Unterricht ab der 7. Klasse bis zur Konfirmation wird gemeinsam mit der Kirchgemeinde Rothrist organisiert. Die Elternbeiträge für die Kinderwoche wurden erhöht. Zukünftig wird die Kirche noch weniger geheizt, die Vergabungen werden gestrichen. Einmal im Monat wird die Gottesdienstgemeinde zukünftig in Brittnau oder Rothrist zu Gast sein. Viele Einsparungsmöglichkeiten sind damit bereits ausgeschöpft.

Einer der grösseren Budgetposten ist die Vollzeitstelle des Pfarramts. Während der laufenden Amtsperiode kann das Stellenpensum nicht einseitig durch die Kirchenpflege gekürzt werden. Die Kirchenpflege hat daher – in Absprache mit der Gemeindeberatung der Landeskirche – die Pfarrerin ermutigt, sich auf Pfarrstellen in anderen Kirchgemeinden zu bewerben. Sollte sie eine Zusage erhalten, würde dies das Budget deutlich entlasten. Eine dauerhafte Sanierung der Finanzen ist jedoch auch damit kaum erreichbar.

Die Kirchgemeinde erhält bereits Gelder aus dem Finanzausgleich der Landeskirche. Auch der Steuerfuss der Kirchgemeinde liegt mit 23% bereits deutlich über dem kantonalen Durchschnitt. Dennoch liegt der Steuerertrag pro Mitglied etwa 100 Franken unter dem kantonalen Durchschnitt. Für die Rückzahlung einer bestehenden Hypothek muss eine vorübergehende Anhebung des Steuersatzes geprüft werden. Auch die politische Gemeinde Murgenthal zeigt Entgegenkommen und hat eine Reduktion der Steuerbezugsentschädigung von 4.25% auf 3.5% zugesichert. Um das kirchliche Leben in Murgenthal zu unterstützen, hat die Kirchgemeinde bereits seit einiger Zeit ein Spendenkonto eingerichtet.

Da das Defizit strukturelle Ursachen in der Mitgliederentwicklung hat, lässt es sich kaum durch Massnahmen auf Kirchgemeindeebene beheben. An der Kirchgemeindeversammlung im Frühjahr 2025 wird die Kirchenpflege die Kirchgemeinde daher bitten, der Prüfung einer Fusion zuzustimmen.