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Ein Dorf an der Grenze

Ein pensionierter Zofinger Bezirkslehrer erkundete in den 1970er-Jahren die Stadtgrenzen. Und beschrieb auch die Grenze zu Mühlethal, die einige Besonderheiten aufweist.

Zofingen Die 70. Folge der beliebten Mühlethaler Geschichten

In der letzten Folge ging es um die Linden auf dem Lindenpass, der die Grenze zu Uerkheim bildet. Nach der Gründung des Kantons Aargau im Jahr 1803 war Mühlethal umgeben von Gemeinden des Bezirks Zofingen. Neben Uerkheim und Zofingen auch noch Oftringen und Safenwil. Die meisten Gemeinden im Bezirk Zofingen grenzen dagegen an einen Nachbarkanton, Murgenthal sogar gleich an drei (Solothurn, Bern und Luzern). Uerkheim, Staffelbach und Kirchleerau grenzen immerhin an den Nachbarbezirk Kulm. Eine «Binnengemeinde» wie Mühlethal war auch Attelwil, bis es 2019 mit Reitnau fusionierte, das an Luzern grenzt. Von den heutigen 17 Gemeinden im Bezirk Zofingen sind nur noch Vordemwald und Strengelbach ohne «Aussengrenze».

Zu Zeiten der Berner Herrschaft, also bis 1798, waren die Verhältnisse noch anders: da lag Mühlethal an einer Grenze zwischen drei Ämtern, den Vorläufern der Bezirke: Auf halbem Weg zwischen Lindenpass und Neudorf, beim Ürkner Weiler Dänibach, trafen nämlich Zofingen, das als Stadt gewisse Vorrechte hatte, das Amt Aarburg (mit Mühlethal) und das Amt Lenzburg (mit Uerkheim) aufeinander.

«Lentzburg, Arburg und Zofingen»

Eugen Durnwalder (1895-1986) hat Stadtgrenzen und Marchsteine in den Zofinger Neujahrsblättern 1976-1978 ausführlich beschrieben. Der pensionierte Bezirkslehrer fand im Stadtarchiv einen Beleg für den Dänibach-Stein: «Twing Lentzburg, Arburg und Zofingen marchet, der auch mit ihren dreyen Schilten und der Jahrzahl 1705 bezeichnet ist.» Auf dem dreiseitigen Stein waren also Wappen eingemeisselt. Viele der Steine waren schon vor 50 Jahren am zerfallen, auch weil der Umgang mit ihnen nicht gerade rücksichtsvoll war. Der Dänibach-Stein sei «wahrscheinlich durch Ansetzen einer Motorwinde vor Jahren in zwei Teile zerrissen» worden, schreibt Durnwalder. Immerhin konnte er den abgebrochenen Stein noch fotografieren und noch die Jahrzahl 1705 entziffern.

Grenze beim Stampfiweiher

Einen weiteren Grenzstein beschreibt Durnwalder im Martinsgraben, wo die Grenze auf den Wissbach trifft. Auf der Mühlethaler Seite war ein Aarburger Wappen mit Festung und Adler zu erkennen. Laut einer Urkunde aus dem Jahr 1516 markierte ausserdem beim Stampfiweiher ein Marchstein die Grenze zwischen Zofingen und Mühlethal. Später wurde die Grenze ein Stück talwärts verschoben, hinunter zum Zusammenfluss von Moosbach (vom Stampfiweiher) und Wissbach (von den Höfen). Ab dort, bei der Abzweigung der Höfenstrasse von der Mühlethalstrasse, heisst das Gewässer Stadtbach und mündet später beim Zofinger Stadtsaal in den Trottenweiher.

Sehr speziell ist auch der Grenzverlauf bei der Textilfabrik Bethge, die am Dreieckpunkt Zofingen/Mühlethal/Oftringen liegt. Wie Durnwalder feststellte, befand sich etwa ein Viertel des Firmenareals auf Mühlethaler Boden. Dazu mehr in einer späteren Folge.

Der von Sträuchern gesäumte Wissbach bildete in den Höfen die Grenze zwischen Mühlethal rechts und Zofingen links.
Bild: Christian Roth