Er lebt seine Leidenschaft für den Tanzsport
Aarburg Kiwanis-Club Zofingen unterstützt Vladyslav Davydiuk
«Ich bin sehr beeindruckt von unserem heutigen Gast», meinte Hans-Ulrich Schär, aktueller Präsident des Kiwanis-Clubs Zofingen, als er seinen Kollegen Vladyslav Davydiuk ankündigen durfte. Dem Kiwanis-Motto «Serving the children of the World» – durch gemeinsame und uneigennützige Dienste einen Beitrag zu einer besseren Welt für Kinder und Jugendliche zu leisten – werde heute einmal mehr nachgelebt, meinte Schär. Die Mitglieder des Kiwanis-Clubs Zofingen sponsoren dem 17-jährigen Kantonsschüler Vladyslav Davydiuk nämlich ein Jugend-Generalabonnement der SBB und erleichtern ihm, dem amtierenden Jugend-Schweizermeister im Standard-Tanz, damit die Ausübung seiner grossen Leidenschaft Tanzsport finanziell beträchtlich.
Von Kiew nach Aarburg
Aufgewachsen ist Vlad, wie ihn seine Freunde nennen, in Kiew. Bis zum 24. Februar 2022 – als Russland den Angriffskrieg auf die Ukraine startete. Als frühmorgens um fünf Uhr die ersten russischen Bomben in der ukrainischen Hauptstadt detonierten, habe seine Mutter Tetiana nur noch einen Gedanken gehabt: «Weg, einfach weg.» Eine Woche nach Kriegsbeginn war bereits eine Million Ukrainerinnen und Ukrainer auf der Flucht, bis heute sind gemäss einer Mitteilung des Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) vom 15. Januar 2024 6,3 Millionen Menschen aus dem Land geflüchtet. Die meisten nach Europa. Auch die Schweiz hat viele Menschen aufgenommen – in ihrer Geschichte noch nie so viele in so kurzer Zeit. Vladyslav Davydiuk kam zusammen mit Mutter, Schwester, Tante Svitlana Schubardt und deren Tochter nach Aarburg. Aarburg, weil der zweite Mann von Svitlana Schubardt, bereits in Aarburg lebte.
«Die erste Zeit in der Schweiz war äusserst schwierig», blickt Vladyslav Davydiuk zurück. Der damals 15-jährige Vlad sprach kein Wort deutsch. Doch die Schule Aarburg hatte früh und vorbildlich reagiert und eine ukrainisch sprechende Deutschlehrerin engagiert: Svitlana Schubardt, Vlads Tante. Die Englisch- und Deutschlehrerin hatte an der Nationalen Linguistischen Universität in Kiew Deutsch gelernt. Sie unterrichtete in Aarburg ab Anfang April 2022 eine rein ukrainische Klasse mit zehn Flüchtlingskindern. Vladyslav Davydiuk lernte schnell und schaffte den Übertritt in die 3. Klasse der Bezirksschule in Oftringen. Anschliessend wurde er provisorisch an der Kantonsschule Zofingen aufgenommen. «Meine Leistungen sind so gut, dass ich jetzt definitiv an der Kanti aufgenommen wurde», konnte er dem Aarburger Stadtpräsidenten am Kiwanis-Lunch vermelden.
Tägliches Tanzsport-Training
Neben der Schule nimmt der Tanzsport in Vlads Leben viel Raum ein. «Das war schon in der Ukraine so, wo es eine grosse Tanzsport-Tradition gibt», führt er aus. Vladyslav Davydiuk hat bereits im Alter von sieben Jahren mit dem Tanzen begonnen. Mit grossem Ehrgeiz verfolgt er denn auch seine Ausbildung im Tanzsport. Konkret heisst das: Vier Stunden tägliches Training – auch samstags und sonntags, denn Vladyslav Davydiuk tanzt sowohl Standard- wie auch Latin-Tänze. Nicht gerade vor der Haustür. Der 17-Jährige hat sich einem der besten Tanzsport-Clubs in der Schweiz angeschlossen, dem Dance Unlimited Zurich (DUZ). «Ja, die Tage sind lang», gesteht er, er komme regelmässig erst gegen Mitternacht nach Aarburg zurück. «Und wann lernst Du dann für die Schule und erledigst die Aufgaben», will Hans-Ulrich Schär wissen. «Im Zug und in den Tanzpausen – anders geht das nicht», sagt Vladyslav Davydiuk.
Seinem Traum, sich mitten in die Tanzsport-Elite zu tanzen und später auch als Tanzcoach unterrichten zu können, ordnet der 17-Jährige vieles in seinem Leben unter. Die Erfolge sind denn auch nicht ausgeblieben. 2023 erreichte Vlad zusammen mit seiner Partnerin Nikki Lia Keller den zweiten Platz an den Schweizer Meisterschaften im 10-Tanz, bei dem die Paare je fünf Standard- und Latin-Tänze auf die Bühne legen müssen. Im Herbst wurden die beiden sogar Schweizer Meister in den Standard-Tänzen (English Waltz, Tango, Wiener Walzer, Slow Fox und Quickstep). Zudem durften sie die Schweiz im vergangenen Jahr an zahlreichen bedeutenden internationalen Wettbewerben vertreten.
Das wird dieses Jahr nicht mehr möglich sein. Seiner bisherigen Tanzpartnerin wurde der Aufwand zu gross. «Ich musste mir eine neue Tanzpartnerin suchen», erzählt Vladyslav Davydiuk. In der Schweiz habe er leider keine geeignete Tanzpartnerin gefunden, führt er weiter aus, bei der Ansprüche, Ziele, Niveau und Körpergrösse übereinstimmen würden. Über ein Onlineportal – «Tinder für Dancer», wirft Hans-Ulrich Schär schmunzelnd ein – sei er schliesslich auf eine Schwedin gestossen, mit der er seit Jahresbeginn ein Tanzpaar bilde. «Mit der Konsequenz, dass ich nicht mehr für die Schweiz antreten darf, da mindestens ein Teil des Tanzpaars die schweizerische Staatsbürgerschaft haben muss», wie er bedauernd erklärt.
Möchte in der Schweiz bleiben
Denn er möchte an internationalen Tanzsport-Turnieren gerne wieder unter der Schweizer Flagge antreten. «Ich liebe dieses wunderbare Land», betont er, «und würde auch gerne in der Schweiz bleiben». Dabei hat Vladyslav Davydiuk heute schon klare Pläne. Zuerst möchte er die Kantonsschule in Zofingen abschliessen, anschliessend ein Wirtschafts- oder Jus-Studium absolvieren. Und parallel dazu auch weiter wettkampfmässig tanzen und die Ausbildung zum Tanz-Coach vorantreiben.
«Beeindruckend» findet der Aarburger Stadtpräsident und Präsident des Kiwanis-Clubs Zofingen das Tempo, mit dem Vladyslav Davydiuk die Hürden in seinem Leben meistert. «In zwei Jahren eine Sprache von Grund auf erlernen – wer von uns hat das schon geschafft», fragt er rhetorisch. «Vlad ist für mich ein bewundernswertes Beispiel, dass Integration funktionieren kann», betont er. Wenn man die Sprache beherrscht …