Holzvergaser, Holzböden und Flüchtlingskinder
Zofingen Die 66. Folge der beliebten Mühlethaler Geschichten
«Während des Krieges und in der Zeit danach war Benzin Mangelware. Als Ersatz hat man sich mit Holz als Treibstoff begnügen müssen. Im Mühlethal selber hatte meines Wissens noch niemand ein Auto und auf den Strassen waren sehr wenige unterwegs. Aber ein Auto hat man regelmässig vor unserem Haus gesehen, nämlich dann, wenn meine Mutter, die ja die meisten Kleidungsstücke selber genäht hat, wieder Stoff benötigte von der Tuchhandlung Weber in Olten. Wir Buben mussten dann, zeitlich genau abgestimmt, den Ofen, der am Auto hinten angebracht war, anheizen, damit Herr Weber ohne Unterbruch wieder abfahren konnte. Meisten mussten wir aber auch noch beim Abfahren helfen, was Anschieben bedeutete. Und das war besonders im Winter nicht so angenehm. Wie die Kraft vom heissen Ofen zum Getriebe kam und dann das Auto in Bewegung setzte, kann ich heute nicht mehr erklären.
Ein Partisanensohn bei Schärers
Ich glaube, es war gegen Ende des Krieges oder gleich danach, da hat sich das Rote Kreuz sehr um kriegsgeschädigte Kinder in den von Hitler zerbombten Ländern eingesetzt. So sind viele solcher Kinder auch in die Schweiz zur Erholung geschickt worden. Im Mühlethal war ein Knabe namens Jozef bei Lädelibesitzer Fritz Schärer einquartiert. Er war etwas älter als ich und kam von der Tschechoslowakei. Obwohl er begreiflicherweise fast kein Deutsch konnte, musste er am Schulunterricht teilnehmen. Er sagte immer wieder auf Deutsch: «Mein Vater war Partisan». Sonst weiss ich leider nicht mehr viel von diesem Kriegskind.
Holzböden von Familie Lüthi
In den Wintermonaten der Kriegs- und Nachkriegszeit, als fast kein Material verfügbar war und man auch kein Geld hatte, etwas zu erwerben, standen den Kindern von kinderreichen Familien «Houzböde» zur Verfügung. Ich vermute, dass die Gemeinde die Kosten dafür übernommen hatte. Bei den sogenannten Holzböden handelte es sich um ganz einfache Winterschuhe, bestehend aus einer Sohle aus Holz mit einem Oberteil aus Leder oder vielleicht Kunstleder. Obwohl ein wärmendes Futter fehlte, waren wir froh darüber, solche Schuhe zu bekommen. Für die Verteilung dieser Schuhe war im Mühlethal Familie Lüthi zuständig. Sie führten ein Lager und bei ihnen konnten die Schuhe auch nach Grösse angepasst werden. Ich nehme an, dass über die Herausgabe auch eine Kontrolle geführt werden musste.»
Fotos gesucht
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