Offen für Alle: Ein vielseitiger Tag der Begegnungen
Strengelbach 4. Mai, 9 – 15 Uhr: Tag der offenen Tür in der Stiftung azb
«Das azb bietet mir viel mehr als nur einen Arbeitsplatz», sagt Dunja Pfäffli bestimmt, «es ist für mich auch ein Stück Heimat». Seit mittlerweile 24 Jahren arbeitet sie in der Strengelbacher Stiftung, nachdem sie an der Hauswirtschaftlichen Ausbildungsstätte Hohenlinden in Solothurn eine zweijährige hauswirtschaftliche Anlehre abschliessen konnte. Eine Ausbildung, auf die sie stolz ist. «Ich habe Lernschwierigkeiten und brauche ein Umfeld, das mir Zeit gibt und Verständnis entgegenbringt», erklärt die 42-Jährige. Ein Umfeld, das ihr im azb geboten wird. Arbeitete Dunja Pfäffli zuerst noch abwechslungsweise in der Reinigung, Küche und Wäscherei, so ist sie seit längerer Zeit ausschliesslich in der Wäscherei tätig. «Die steten Wechsel wurden mir zu anstrengend», führt sie erklärend aus. In der Wäscherei, wo sie sämtliche Arbeiten im Wäscheprozess sehr selbständig ausführt, hat sie ihre Lebensstelle gefunden. «Hier bleibe ich, bis ich pensioniert werde», sagt sie lachend. Das selbständige Arbeiten ist ihr ebenso wichtig wie das selbständige Wohnen. Jeden Tag fährt sie von Reitnau mit dem Auto in einer Fahrgemeinschaft nach Strengelbach, während sie in ihrer Freizeit gerne mit dem Velo kleinere Ausfahrten unternimmt.
Für die Ausbildung ins «Brüschi-Haus» gezügelt
Sogar zum Lebensmittelpunkt ist das azb für Fabian Stark geworden. Der 21-Jährige ist vor kurzem aus Kirchleerau ins «Brüschi-Haus» gezügelt. Im gleich über die Strassenseite gelegenen Haus belegt er einen der rund 150 Wohnplätze, die die Strengelbacher Stiftung anbietet. «Ich bin ins azb gezogen, damit ich hier meine Ausbildung absolvieren kann», erklärt er. Beim 21-Jährigen wurde ein Tourette-Syndrom diagnostiziert. Eine Krankheit, die sich durch das Auftreten von sogenannten Tics manifestiert – nicht willentlich ausgeführten Bewegungen, die der Betroffene nicht unterdrücken kann. Eine Erkrankung, die Fabian Stark aber nicht davon abhält, seinen Weg zu gehen.
Im azb steht Fabian Stark im ersten Lehrjahr einer zweijährigen Ausbildung zum Gebäudereiniger PrA (Praktische Ausbildung). «Eine vielseitige und anspruchsvolle Ausbildung», wie er findet. Sie verlange viele Kenntnisse über die zu reinigenden Flächen, die Auswahl und die richtige Dosierung des passenden Reinigungsmittels und beinhalte auch die Bedienung von grösseren Reinigungsmaschinen. Für den Jugendlichen hat die Arbeit auch einen schönen Nebeneffekt. «Wenn ich in meiner Arbeit vollständig konzentriert bin, verliere ich meine Tics», erzählt er. Neben der praktischen Ausbildung im Lehrbetrieb besucht er die Berufsschule in Zofingen. «Das ist mir wichtig», betont er, «das gibt mir das Gefühl von Selbständigkeit». Lacht und fügt an: «Und ich kann dann auch mal nach draussen».
Sehr selbständig unterwegs, das ist Fabian Stark auch in seiner Freizeit. «Ich bin ein begeisterter Foto- und Videograf», verrät er. Er erstellt Social-Media-Content für Dritte – als nächstes steht ein zwölfstündiger Einsatz für die Jugendarbeit der Region Aarau bevor. «Ich mache das zwar halbprofessionell», sagt er, aber das sei gleichzeitig auch ein Ausgleich zur beruflichen Tätigkeit. Und wie wenn das nicht schon genug wäre. Der Junge ist auch noch Mitglied beim CEVI-Verkehrsdienst Murgenthal und bei der Freiwilligenfeuerwehr in Kirchleerau.
Für Andi Siegrist, den langjährigen Bereichsleiter Wohnen und Beschäftigen, sind Dunja Pfäffli und Fabian Stark gute Beispiele dafür, wie die Stiftung die Bedürfnisse von Menschen mit Unterstützungsbedarf zu erfüllen sucht. «In der Stiftung azb bestand schon immer der Anspruch, Menschen möglichst mitbestimmen zu lassen, wie sie leben und/oder arbeiten möchten», betont er. Die Unterstützungsphilosophie hat sich dabei im Lauf der Zeit, entsprechend den gesellschaftlichen Veränderungen, gewandelt. Sprach man 1962 – im Gründungsjahr der Stiftung azb – noch von Integration, so spricht man heute von Inklusion. Inklusion heisst, dass Menschen mit Unterstützungsbedarf ihr Leben nicht mehr an vorhandene Strukturen anpassen müssen. Vielmehr sollen Strukturen geschaffen werden, die es jedem Menschen ermöglichen, Teil der Gesellschaft zu sein.
Inklusion leben – eine Herzensangelegenheit
«Diesbezüglich haben wir durch die Grösse unserer Stiftung, einem vielfältigen Angebot an Arbeits-, Ausbildungs- und Wohnplätzen sowie die zentrale Lage mitten im Dorf ganz viele Vorteile auf unserer Seite», ist sich Andi Siegrist sicher. Vorteile, die den Menschen im azb ermöglichen, möglichst selbstbestimmt durchs Leben zu gehen und genau dort Unterstützung der Stiftung in Anspruch zu nehmen, wo es sie wirklich braucht.
«Wir haben uns mit der Inklusionsthematik seit 2014 verstärkt auseinandergesetzt», führt Andi Siegrist ergänzend aus. Denn es sind mittlerweile zehn Jahre vergangen, seit die Schweiz die UNO-Behindertenrechtskonvention (UN BRK) ratifiziert hat. Das 10-Jahre-Jubiläum der UN BRK-Ratifizierung wird vom 15. Mai bis 15. Juni schweizweit mit Aktionstagen zu den Behindertenrechten gefeiert. Natürlich – und schon etwas früher – auch im azb Strengelbach. Am kommenden Samstag, 4. Mai, lädt die Stiftung azb von 9 bis 15 Uhr zu ihrem traditionellen Tag der offenen Tür ein. Sinnigerweise unter dem Motto «Wir leben Inklusion». «Eine pragmatische und breite Umsetzung der UNO-Behindertenrechtskonvention ist für die Stiftung azb eine Herzensangelegenheit», betont Andi Siegrist. So wurde denn auch ein azb-Rat geschaffen, der aus Menschen mit Unterstützungsbedarf besteht. Dieser kann seine Anliegen direkt bei der Geschäftsleitung einbringen. Der azb-Rat betreibt am Tag der offenen Tür einen eigenen Stand, an dem er über seine Tätigkeiten berichtet und gleichzeitig über die Aktionstage zu den Behindertenrechten informiert.
Das gewohnt vielfältige Programm
Wie gewohnt erhalten die Besucherinnen und Besucher am Tag der offenen Tür bei freien oder geführten Rundgängen durch die Räumlichkeiten der Geschützten Werkstätte, der Beruflichen Integration und einer Wohngruppe Einblick in den Alltag der Stiftung und können dabei beobachten, wie der Inklusionsgedanke im azb umgesetzt wird. Auch die azb-Schreinerei an der Brittnauerstrasse 14 und das Gartenteam an der Bergackerstrasse 5 öffnen ihre Türen und erwarten mit Freude ein aufmerksames und hoffentlich zahlreiches Publikum.
Ein attraktives Rahmenprogramm darf selbstverständlich nicht fehlen. Neben dem Marktplatz mit Kreativprodukten, vor Ort gebackenem Brot, Berlinern und Torten, vielfältigen Verpflegungsmöglichkeiten und einem Nostalgie-Karussell sorgen am Hauptstandort die Schlagersängerin Vanessa Grand und die Folk & Rock Band «Loreley» für die musikalische Unterhaltung.
Die Menschen im azb freuen sich darauf, die Besucherinnen und Besucher an ihrem Arbeitsplatz zu begrüssen und mit ihnen einen abwechslungsreichen Tag zu verbringen.
Shuttle-Bus benützen
Die Besucherinnen und Besucher werden gebeten, nach Möglichkeit den öffentlichen Verkehr oder den Parkplatz bei der Firma Müller Martini in Zofingen zu benutzen. Von dort fährt regelmässig ein kostenloser Shuttle-Bus direkt zum Hauptstandort der Stiftung an der Sägetstrasse 19. Die letzte Rückfahrt vom azb nach Zofingen startet um 16.30 Uhr.
Ein Shuttle-Service verkehrt ausserdem zwischen der Sägetstrasse und den externen Standorten der Schreinerei und des Gartenteams.