Warum sich Opfer von Cyber-Kriminellen nicht schämen, sondern Anzeige erstatten sollten
Der «Black Friday» ist der Tag der Schnäppchen-Jäger – und eine gute Gelegenheit für Cyber-Kriminelle, im Internet Opfern zu finden. 1750 Fälle von Cyberkriminalität verzeichnet die Kantonspolizei Aargau im laufenden Jahr. Sie setzt stark auf Prävention, um die Bevölkerung zu schützen, wie Corina Winkler sagt. Die Dienstchefin Kommunikation bei der Aargauer Kapo war diese Woche Gast im zt Talk.
«Die Präventionsarbeit hat verschiedene Aspekte», so Winkler. «Es gibt immer wieder Phänomene, bei denen wir proaktiv auf die Bevölkerung zugehen – sei es über soziale Medien, sei es über die klassischen Medien oder eben auch vor Ort. Andererseits wollen wir erreichbar sein für Fragen aus der Bevölkerung – beispielsweise bei Fällen, die die Grenze zu einer Anzeige noch nicht erreicht haben.» Fragen können die Aargauerinnen und Aargauer via E-Mail oder Social Media an die Polizei schicken – «oder eben bei Präventionsanlässen, bei denen Spezialisten von uns vor Ort sind». Prävention sei ein Pfeiler der Polizeiarbeit: «Sie gehört zu unserer Arbeit dazu. Es ist uns sehr wichtig, dass uns die Leute ansprechen können – sie sollen sich nicht schämen oder das Gefühl haben, ihre Anfrage sei nebensächlich. Dann können wir vielleicht noch ein Delikt verhindern. Gerade im Cyber-Bereich sind die Ermittlungen enorm komplex und schwierig – Prävention ist wirkungsvoller als Repression.»
Gibt es überhaupt eine Chance, Fälle von Cyber-Crime aufzuklären?
Hier komme es auf die Art des Delikts an, so Winkler. Bei Betrugsversuchen rund um Kleinanzeigen gibt es gute Chancen, die Verursacher zu eruieren. Anders sieht es beim Phänomen Romance Scam aus – wenn eine Liebesbeziehung vorgetäuscht wird, um Leute schamlos auszunehmen. «Hier sind internationale Banden von Betrügern am Werk. Zusätzlich machen die Verschleierungsmöglichkeiten im Internet die Ermittlungen unglaublich schwierig.» Hier sind die Deliktsummen oft sehr hoch und betragen zehntausende oder sogar hunderttausende von Franken, sagt Corina Winkel. Hoch ist auch die Schwelle, Anzeige zu erstatten, weil es den Betroffenen peinlich ist.
Und: «Kleinanzeigen-Betrug kann jeden treffen», sagt Winkler. Hier fallen auch Junge auf vermeintlich unschlagbare Angebote herein.» Bei Anlagebetrügereien oder vorgetäuschten Liebesbeziehungen seien eher Leute betroffen, die über Angespartes verfügen – das sind tendenziell ältere Personen.
Am heutigen «Black Friday» sollten Schnäppchen-Jäger besonders vorsichtig sein. «Jeder von uns liebt ja Schnäppchen», sagt Winkler. «Aber man macht besser den Reality Check: Wie realistisch ist es, dass das Angebot echt ist?» Das heisst auch, zu recherchieren: «Hat es ein Impressum, das seriös ist? Sind Adresse und Telefonnummer hinterlegt? Wie sind die Rezensionen?»
Wenn sich via Internet ungewöhnliche Liebesbeziehungen anbahnen, sei es wichtig, sich mit dem Umfeld auszutauschen. Romance-Scam-Betrüger spielen mit den Gefühlen ihrer Opfer – umso wichtiger sei eine objektive Meinung von aussen. «Und wenn man merkt, dass es um Geld geht, sollte man doppelt kritisch werden.» Sowieso tabu ist die Herausgabe von Daten.
Zentral sei, dass Opfer sich nicht schämen. «Es kann jeder und jedem passieren.» Betrüger spielen gezielt mit Emotionen und Stress, um ihre Opfer in die Falle zu locken. «Man sollte keine Hemmungen haben und Anzeige erstatten – möglichst früh mit allen Unterlagen und Akten. Allenfalls bekommt man das eigene Geld nicht zurück, kann aber weitere Opfer verhindern.»
Info-Anlass in Aarburg zum Thema Cyber-Kriminalität
Das Kriminalitätsgeschehen hat sich in den letzten Jahren zunehmend im digitalen Raum ausgebreitet Kriminelle angeln sich persönliche Daten, hacken Computer, erpressen Geld, nehmen online Betrugshandlungen vor. Um die Bevölkerung aufzuklären, findet am Donnerstag, 7. Dezember, im Gasthof Bären in Aarburg (Bärensaal) eine Informationsveranstaltung der Kapo Aargau rund um das Thema Cyber-Crime statt. Sie beginnt um 19 Uhr.