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Warum sind eigentlich fast alle Autos schwarz, grau oder weiss?

Das war nicht immer so, wie eine neue Sonderausstellung der Emil Frey Classics AG in Safenwil zeigt. Wer die neue Sonderausstellung «Farben!» im Classic Center Safenwil besucht hat und anschliessend über die Autobahn fährt, sieht die Welt mit anderen Augen.

Safenwil Sonderausstellung der Emil Frey Classics AG 

Man ertappt sich dabei, die Autos zu zählen, deren Lackierung im Sonnenlicht fröhlich leuchtet.  Sie sind fast ausgestorben. Da und dort ein dezentes Blau oder ein zurückhaltendes Rot. Ansonsten dominieren Schwarz, Weiss, Anthrazit – und natürlich Grau in allen erdenklichen Variationen und Schattierungen.

Das war nicht immer so. In den 70er-Jahren dominierten knallige Autofarben das Strassenbild. Warum eigentlich? Und warum getraut sich heute kaum jemand mehr, sich für eine Farbe zu entscheiden, nach der sich die Köpfe umdrehen? 

Das sind die Fragen, die man sich stellt, wenn man durch die neue Sonderschau im Center der Emil Frey Classics AG schlendert. Da steht ein unfassbar schöner Cadillac Fleetwood Sixty Special aus dem Jahr 1959 – sein Dover White schimmert zart rosa.  Oder der Fiat Cinquecento 1993 in Grün. Genauer: in 361 Green. Eine muntere Farbe, die leider ganz von den Strassen verschwunden ist. Oder ein nigelnagelneuer DeLorean aus dem Jahr 1982 – das Auto, das Dr. Emmet Brown in der «Back to the Future»-Saga dank seiner Erfindung, dem Fluxkompensator, in eine Zeitmaschine verwandelte. Es trägt gar keinen Lack; die Karosserie besteht aus gebürstetem Edelstahl. Wunderschön! Die meisten der gezeigten Autos in der «Farben!»-Ausstellung sind Leihgaben. «Ohne die Leihgeber wäre diese gar nicht möglich gewesen», sagt Hannes Gautschi, der Geschäftsführer der Emil Frey Classics AG.

Eine ästhetische Verantwortung

Viel über Autofarben nachgedacht hat der Italiener Paolo Tumminelli; er ist Professor an der International School of Design in Köln und gilt als der profilierteste Autodesign-Historiker im deutschsprachigen Raum. Er war Gast an der Vernissage letzte Woche und sprach mit Simon Bundi, dem Kurator der Ausstellung, und der Designspezialistin Meret Ernst über Autofarben. Ernst ist Dozentin für Designgeschichte und Designtheorie der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel .

Auch Tumminelli vermisst die unbeschwerten Farben auf Strassen und Parkplätzen. Die Autofarbe, meint Tumminelli, ist nicht reine Privatsache. «Autos prägen das Stadtbild und die Landschaft; sie sind die sichtbarsten Objekte.» Das Schwarz, das oft das Strassenbild beherrscht, mache keine Freude, meint er – «wir sehen gigantische Objekte, die aggressiv wirken», so der Besitzer eines türkisblauen Fiat Pandas. Sympathisch findet er deshalb das Versprechen von Fiat: Der Autobauer hat im Juni angekündigt, keine grauen Autos mehr zu verkaufen. Er sei gespannt, ob Fiat das Versprechen durchhalten könne. Und wies zugleich darauf hin, dass es sehr relativ ist: «Wer sagt, was Grau ist?» Grautöne seien fast unendlich variierbar; man könne diesen Umstand nutzen und ein Grau, das bläulich schimmert, einfach anders benennen: «Kieselsteinblau zum Beispiel.» 

Für die Tatsache, dass so viele Autos schwarz, weiss und grau sind, gibt es aber auch eine simple Erklärung: Ein grosser Teil der Wagen ist heute geleast. Autos in Allerweltsfarben liessen sich einfacher wiederverkaufen als solche in knalligen, so Tumminelli. 

Dass das Strassenbild farblich inzwischen einen schwarz-grau-weissen Einheitsbrei darstellt, stört auch Meret Ernst.  Sie glaubt, dass dies auch Ausdruck einer «gewissen Orientierungslosigkeit» ist; der Mut zu neuen Formen, Farben und Gestaltungen fehle. Auch sie erinnerte daran, dass Autos nicht einfach Privatsache sind. «Sie sind sehr öffentlich», sagte sie. Und folgert daraus: «Autodesigner haben eine ästhetische Verantwortung.» Man möchte anfügen: Nicht nur sie. Sondern auch wir, die Autofahrerinnen und Autofahrer. 

Die Sonderausstellung «Farben!» im Classic Car Center läuft noch bis zum 31. Dezember. Infos: www.emilfreyclassics.ch/farben/

Es geht auch anders als schwarz: ein neuer Opel Mokka-e Ultimate in Grün.
Bild: Philippe Pfister