Wenn Betreuende von Kranken krank zu werden drohen
Vordemwald Vortrag im Pflegeheim Sennhof
Welche Bedürfnisse haben pflegende Angehörige von dementen Menschen? Dieses Thema beleuchtete Samuel Vögeli, Pflegefachmann MScN, selbstständiger Berater, Dozent und Buchautor vor geschätzt 80 interessierten Personen. Thomas Jenelten, Theologe, Seelsorger und Leiter der Angehörigengruppe Bezirk Zofingen im Pflegeheim Sennhof, stand ihm unterstützend zur Seite.
«Demenz ist komplex und in ihrer Ausprägung äusserst verschieden», leitete Gastgeber und Pflegeheimleiter Urs Schenker die rund eine Stunde dauernde Informationsveranstaltung ein. Der Referent kam gleich zur Sache: «Demenz ist eine Krankheit, die isoliert». Betreuende fühlen sich oft allein gelassen. Und Angehörige befällt ein schlechtes Gewissen, wenn sie der Pflegeaufgabe nicht mehr gewachsen sind, und ein Heim der geeignetere Ort für die Betreuung des demenzkranken Partners ist – obwohl sie diesem versprachen, auf immer und ewig bei ihm zu sein. Demenzkranke Menschen durchlaufen Verhaltensänderungen, aggressive Reaktionen sind keine Seltenheit im fortgeschrittenen Stadium. Die Beziehung zwischen einem Patienten oder einer Patientin und den betreuenden Personen wechselt sich ständig.
Zwei Drittel der betreuenden Angehörigen sind über 60 Jahre alt, 43 Prozent über 70 und 13 Prozent über 80 Jahre, besagt eine Statistik von «Alzheimer Schweiz» aus dem Jahr 2018. 70 Prozent der pflegenden Angehörigen sind Frauen. Sie übernehmen oft über Jahre die Betreuung und Pflege. Die Aufgabe kann psychisch und physisch belastend sein, mit Depressionen ist zu rechnen. Angehörige haben häufig wenig Zeit, ihre sozialen Kontakte zu pflegen. Damit sie nicht selbst erkranken, ist es wichtig, dass sie auf ihre Gesundheit achten.
Betreuende benötigen handfeste Unterstützung
Arztkonsultationen und Medikamentenkonsum steigen bei betreuenden Personen drastisch an. Die Morbidität ist höher im Vergleich zu gleichaltrigen Personen, die keine Betreuung leisten. Die Organisation des täglichen Lebens und persönliche Erschöpfungszustände sowie das Verhalten der erkrankten Person stellen die grössten Probleme dar. Hinzu kommen soziale und strukturelle Belastungen. Was Betreuende benötigen, ist beratende, moralische und handfeste Unterstützung.
«Wie kommt man zur ersten Abklärung?», lautete eine Frage aus dem Zuhörerkreis. «Erste Hilfe» bietet die Webseite www.alzheimer-schweiz.ch. Ein Gruppenaustausch kann ein Schritt sein, aufkommenden Belastungen Stand zu halten. Angehörige lernen von anderen und erfahren, was noch auf sie zukommen kann. Jeden zweiten Donnerstag im Monat findet im Pflegeheim Sennhof eine Gesprächsgruppe (13.30 bis 15.15 Uhr) mit Thomas Jenelten statt. Die Gesprächsrunde richtet sich an Angehörige von Menschen mit Demenz. Das von Samuel Vögeli verfasste Buch «Angehörige von Menschen mit Demenz beraten» richtet sich in erster Linie an das Pflegepersonal und darf als Pflichtlektüre betrachtet werden.