Wintertage bei Familie Fretz im Guntenrain
Zofingen Die 71. Folge der beliebten Mühlethaler Geschichten
Über Familie Fretz, die am Guntenrain wohnte, ist in den Mühlethaler Geschichten schon mehrmals berichtet worden, nach den Erinnerungen von Ueli Fretz (1936-2023). Heute erzählt Uelis Schwester Trudi Venditti-Fretz, nach Myrtha (*1946) die zweitjüngste von sechs Geschwistern, aus der kalten Jahreszeit: «In den Wintermonaten war die Stube der einzige Raum im Haus, der geheizt war. Der Kachelofen verströmte eine wohlige Wärme. Diese nutzten wir auch, um Chriesistein_Säckli zu wärmen. Als wir dann in den oberen Stock zu Bett gingen, nahmen meine Schwester und ich je ein Säckli mit und konnten uns so noch etwas warmhalten, bis wir eingeschlafen waren.
Doch die Wärme kam nicht automatisch ins Haus, die mussten wir uns selbst beschaffen. Mit dem Vater gingen wir regelmässig in den Wald, um Holz zu sammeln. Die feinen Ästchen, die am Boden lagen, wurden mit einer Schnur zu Bürdeli gebunden, die dann als Anfeuerholz dienten. Grössere Stücke musste der Vater zuerst in handliche Scheite zerhacken. Das Holz wurde in einem Schopf neben dem Haus gelagert, nachdem es vorher der Hauswand entlang zum Trocknen ausgelegt wurde. Auch die Tannzapfen, die wir sackweise heimtrugen, lagen ausgebreitet auf den Gartenplatten daneben. Mit einem Korb holte man das Holz dann ins Haus. Die erste Tätigkeit am Morgen während der kalten Jahreszeit war immer gleich, den Ofen einzuheizen und tagsüber dafür zu sorgen, dass das Feuer nicht ausging.
Lismete und Apfelschnitze
Nicht einmal am Feierabend liess unsere Mutter die Hände ruhen. Ich erinnere mich noch gut, wie sie unermüdlich Socken strickte für unseren Vater. Wenn wir nach einem arbeitsreichen Tag abends noch alle in der Stube sassen, nahm unsere Mutter gleich die «Lismete» zur Hand. Zwischendurch unterbrach sie ihre Arbeit, nahm zwei/drei Äpfel aus der Schüssel auf dem Stubentisch und machte Schnitze daraus, die wir dann genüsslich verspeisten. Fernsehen gab es damals noch nicht, und das Radio wurde nur gelegentlich eingeschaltet.
Das erste Mal Hosen getragen
Doch der Winter brachte noch andere Herausforderungen, besonders für uns Mädchen. Ich war etwa in der 4. Klasse, also 1953, als die Lehrerin sagte, dass wir am nächsten Schultag oberhalb vom Weiher im Sportunterricht Ski fahren gehen, und wir Mädchen müssten dazu lange Hosen tragen. Ich hatte aber überhaupt keine Hosen, weil es das bei unserer Mutter und uns Mädchen nicht gab und wir Sommer wie Winter nur Röcke oder Jupes trugen. Also nahm meine Mutter kurzerhand ein Paar lange Hosen von einem meiner älteren Brüder und sagte zu mir, ich solle diese anziehen, was mich verständlicherweise wenig begeisterte. Wenigstens überstand ich den Sportunterricht unbeschadet.»
Fotos gesucht
Besitzen Sie Fotos oder haben Erinnerungen an das Mühlethal von früher? Die Autoren Christian Roth, Ernst Roth und Bruno Graber sind für weitere Mühlethaler Geschichten und Bildervorträge daran interessiert. Bitte melden Sie sich bei der Redaktion unter Telefon 062 745 93 93 oder E-Mail: redaktion@wiggertaler.ch.